Bürokratie bremst den Bau von Solar Carports

Die Energiewende ist in vollem Gange, gleichzeitig steigt die Nachfrage nach Ladepunkten für E-Fahrzeuge. Schnelle und innovative Lösungen wie Carports mit Photovoltaikanlagen (PV) könnten viele Probleme lösen – doch klagen Bauherren wie Planer über Verzögerungen von bis zu einem Jahr. Harald Baumeister, Mitbegründer und Geschäftsführer des Solar Carport-Herstellers Sopago, kennt die Hürden bei der Umsetzung und wünscht sich schnellere Lösungen, denn: „Die Nachfrage nach Solar Carports war seitens der Wirtschaft noch nie größer. Nur die Rahmenbedingungen sind in puncto schnellem Ausbau leider oft der Killer.“

Private Bauherren haben bei der Errichtung eines Carports vergleichsweise leichtes Spiel: In vielen Bundesländern ist die Errichtung eines überdachten Stellplatzes mit bestimmten Abmessungen verfahrensfrei, oft reicht eine Bauanzeige. Auch die Installation einer PV-Anlage erfolgt meist ohne großen Papierkram. Wollen aber Unternehmen Solar Carports für Kunden oder Angestellten bauen, stellt sich die Lage ganz anders dar.

Zwölf Monate für einen Stellplatz?

Denn gewerblich genutzte PV-Anlagen benötigen immer eine Genehmigung der kommunalen oder städtischen Bauaufsichtsbehörde. Die Anforderungen hierfür sind aber bisher nicht einheitlich geregelt: Viele Bauämter sind daher oft völlig überfordert, wie sie mit Solar Carports umgehen sollen. Da kann eine Freigabe schon mal mehr als zwölf Monate dauern, weiß Harald Baumeister, Mitbegründer und Geschäftsführer von Sopago. Das Unternehmen aus München hat sich auf PV-Komplettlösungen für Parkflächen spezialisiert und bietet Solar Carports für Gewerbe, Industrie und Kommunen an, inklusive Planung, Beratung und Management von Genehmigungsverfahren. Denn für Letztere braucht es neben Fachkenntnis auch viel Geduld, wie Baumeister erfahren musste: „Wir wollen eigentlich Hersteller für Solar Carports sein. Tatsächlich verbringen unsere Ingenieure aber mittlerweile die meiste Zeit mit der Klärung von Anforderungen der Baubehörden.“

Bildquelle: Sopago GmbH
Bildquelle: Sopago GmbH

Bauämtern fehlt die Orientierung

Das Bauantragsverfahren hat seine Tücken, denn das Regelwerk ist regional sehr unter-schiedlich – und nicht gerade auf die Energiewende zugeschnitten. Den lokalen Baubehörden könne er daher noch nicht einmal einen Vorwurf machen, sagt Baumeister: „Sie haben einfach keinerlei Anweisungen, wie sie mit Solar Carports umgehen sollen.“ So gibt es bisher keine Musterbauordnung vom Bund, wie es sie etwa schon lange für Freiflächenanlagen gibt. Die Bauämter wissen daher schlicht häufig nicht, was sie überprüfen müssen. Ist der Solar Carport ein Stellplatz oder ein Gebäude? Wenn es ein Gebäude ist, welcher Typ? „Unsere Carports wurden schon als Garage geprüft, mit allen Brandschutzvorschriften, die für Garagen gelten“, wundert sich Baumeister. Er sieht hier dringenden Handlungsbedarf beim Bauministerium.

Bloß kein neues Fass aufmachen…

Denn viele Unternehmen würden ihre bestehenden Parkplätze gerne zur Stromerzeugung nutzen. Aber auch das Antragsverfahren für bestehende Parkplätze hat gravierende Tücken und folgenschwere Fallstricke: Oft gehe es im Verfahren nämlich gar nicht um die Carports, sondern um den Parkplatz selbst, beklagt Baumeister von Sopago: „Falls wir nur eine Markierung auf dem bestehenden Parkplatz ändern, werden im Bauamt prompt die neuesten Vorschriften zur Prüfung des Parkplatzes angewendet – wohlgemerkt nicht für die Solar Carports, sondern für den Parkplatz.“ Obwohl dieser bislang völlig ohne Beanstandungen bestanden habe, würden plötzlich die Abstände der Fahrgassen, die Parkplatzbreiten und die Brandschutzvorschriften überprüft und neu beurteilt, natürlich nach den neuesten Kriterien. „Oft ist dann eine völlige Neuplanung des Parkplatzes notwendig, was hohe Kosten verursacht, und die Anzahl der Parkplätze am Ende reduziert. Das wird dann nicht selten vom Bauamt wieder bemängelt: Dass am Ende weniger Parkplätze zur Verfügung stehen. Die Katze beißt sich quasi in den eigenen Schwanz”, so Baumeister frustriert. Seine Ingenieure seien inzwischen hauptsächlich Parkplatzplaner geworden, anstatt ihren eigentlichen Job zu machen: einen fachkundigen Beitrag zur Energiewende zu leisten.

Beim Ausbau gern mehr Tempo machen

An anderer Stelle kann Baumeister hingegen Entwarnung geben: Weder Lieferschwierigkeiten noch Mangel an Handwerkern bremsten bei Sopago den Ausbau der Sonnenenergie in Deutschland: Das süddeutsche Startup könnte innerhalb von acht bis zwölf Wochen auch große Objekte mit über hundert Solar Carports ausstatten – wenn nur die Rahmenbedingungen dafür günstiger wären. Möglich macht dies das Baukastensystem mit einer stabilen Konstruktion aus feuerverzinktem Stahl und behandeltem Holz. „Es lässt sich nahezu für jeden Bedarf skalieren“, erklärt Baumeister. Die Montage kommt ohne betonierte Fundamente aus. So kann die Installation sogar auf angemieteten Parkplätzen bei Bedarf mit geringem Aufwand wieder rückgebaut werden.

Kommt eine „grüne Welle“ für den Solarausbau?

Immerhin: Die Hürden sollen in der aktuellen Legislaturperiode zumindest teilweise abgebaut werden. Das zumindest verspricht der Koalitionsvertrag, der Verfahren vereinfachen und Prozesse verschlanken möchte. Für „grünes Licht“ in Serie wäre es jetzt auch höchste Zeit: „Solar Carports fördern die E-Mobilität, sind nachhaltig und erhöhen die Unabhängigkeit der Wirtschaft von fossilen Energieträgern. Außerdem bestehen durch Förder- und steuerliche Optimierungs¬optionen im Zusammenspiel mit flexiblen Finanzierungsmodellen, neuen Berichtspflichten, gesetzlichen Auflagen und hohen Energiepreisen derzeit besonders hohe Anreize, solche Vorhaben zügig zu realisieren“, betont Baumeister. Er hofft deshalb darauf, bis zum Sommer noch mehrere Anlagen ans Netz zu bringen – mit einer Gesamtproduktion von 600 kWp, entsprechende Genehmigungen vorausgesetzt. Das entspricht der Erzeugung von 550.000 kWh pro Jahr.