EnergietechnikTitelmeldung

Innovative Energieversorgung für das Industriegebiet Bennien

Transportunternehmen gelten selten als Vorreiter der Nachhaltigkeit. Doch Wehrmann Transport aus Melle-Bruchmühlen beweist das Gegenteil: Nach der erfolgreichen Nutzung von Photovoltaik für eine umweltfreundliche Stromversorgung geht das Unternehmen nun den nächsten Schritt. Mit einer modernen Biomasse-Heizung und einem neuen Nahwärmenetz setzt es konsequent auf nachhaltige Wärmeversorgung. Davon profitieren nicht nur die eigenen Gebäude, sondern auch benachbarte Unternehmen im Industriegebiet Bennien.

Ein zukunftsweisendes Wärmekonzept

Schon von der nahegelegenen Autobahn A30 aus sind die zwei großen Pufferspeicher auf dem Firmengelände von Wehrmann Transport sichtbar. Sie sind das Herzstück eines innovativen Wärmekonzepts, das Effizienz, Umweltfreundlichkeit und Kostenersparnis vereint. Die Kernelemente: eine leistungsstarke Biomasse-Heizung und ein weitreichendes Nahwärmenetz.

Frank Wehrmann (links), Geschäftsführer von Wehrmann Transport, und Gebäudemanager Matthias Gering inspizieren die beiden Pufferspeicher, die mit elf Metern Höhe jeweils ein Volumen von 45.000 Litern fassen. Foto: Simone Reukauf
Frank Wehrmann (links), Geschäftsführer von Wehrmann Transport, und Gebäudemanager Matthias Gering inspizieren die beiden Pufferspeicher, die mit elf Metern Höhe jeweils ein Volumen von 45.000 Litern fassen. Foto: Simone Reukauf

Frank Wehrmann, Geschäftsführer des Unternehmens, erläutert die Ursprünge des Projekts: „Alles begann mit der Notwendigkeit, eine veraltete Heizungsanlage zu erneuern. Uns war sofort klar, dass fossile Brennstoffe keine Option sind. So entstand die Idee, eine Biomasse-Heizung zu installieren. Doch schnell erkannten wir das Potenzial einer größeren Lösung, die nicht nur unsere eigenen Gebäude, sondern auch Nachbarbetriebe versorgen kann.“

Gemeinsam mit dem Energieexperten Andreas Gerhardy von der M&P Braunschweig GmbH wurde ein umfassendes Konzept entwickelt. Dieses deckt rund 20.000 Quadratmeter Lager- und Logistikfläche sowie Verwaltungsgebäude ab. Weitere 10.000 Quadratmeter sollen in den kommenden Jahren integriert werden.

Biomasse aus eigener Produktion: Nachhaltigkeit mit Plan

Der Erfolg eines Biomasse-Heizsystems steht und fällt mit der Wahl des Brennstoffs. Um eine umweltfreundliche und langfristig gesicherte Versorgung zu gewährleisten, setzt Wehrmann Transport auf eine Kombination aus selbst angebautem Miscanthus (Chinaschilf) und naturbelassenen Hackschnitzeln aus der Forstwirtschaft.

Zwei große Biomasse-Heizungen werden für die Nutzung von Hackschnitzeln aus naturbelassenem Restholz installiert. Foto: Simone Reukauf
Zwei große Biomasse-Heizungen werden für die Nutzung von Hackschnitzeln aus naturbelassenem Restholz installiert. Foto: Simone Reukauf

Auf einer 4,5 Hektar großen Anbaufläche in Melle-Buer wächst das schnell regenerierende Schilfgras, das bereits nach zwei Jahren geerntet werden kann. Ein Hektar dieser Pflanze liefert die Energie von etwa 3.000 Litern Heizöl und deckt insgesamt 15 % des Wärmebedarfs des Unternehmens. Den restlichen Bedarf deckt nachhaltig gewonnenes Restholz, das beispielsweise aus Straßenfällungen stammt.

Effizienz und Umweltfreundlichkeit vereint

Die Biomasse-Kesselanlage zeichnet sich durch hohe Effizienz und geringe Emissionen aus. Das Rauchgas wird bereits in der ersten Betriebsphase auf 100 bis 120 Grad Celsius abgekühlt. In Zukunft soll ein weiteres Modul integriert werden, das die Temperatur auf bis zu 30 Grad senkt. Die entstehende Asche kann als Dünger wiederverwendet werden – ein perfekter Kreislauf.

Schneckenförderer transportieren die Hackschnitzel aus den beiden neuen Lagern zu den Biomasse-Öfen. Frank Wehrmann (rechts) und Matthias Gering kontrollieren die sichere Funktion. Foto: Simone Reukauf
Schneckenförderer transportieren die Hackschnitzel aus den beiden neuen Lagern zu den Biomasse-Öfen. Frank Wehrmann (rechts) und Matthias Gering kontrollieren die sichere Funktion. Foto: Simone Reukauf

„Wir haben uns entschieden, nicht lange zu reden, sondern zu handeln“, betont Frank Wehrmann. „Natürlich gibt es immer Optimierungspotenzial, aber das Projekt wird stetig weiterentwickelt. Wichtig ist, dass es wirtschaftlich tragfähig bleibt.“

Auch die Lagerung der Hackschnitzel wurde effizient gelöst. Eine eigens entwickelte Vorrichtung ermöglicht es Lkw, die Biomasse ohne zusätzlichen Personalaufwand direkt zu entladen. Der Transport in die Heizkessel erfolgt automatisiert über Schneckenförderer.

Nahwärmenetz: Synergien für die Region

Die neu errichtete Nahwärmeversorgung startet im März 2025. Neben der Biomasse-Heizung spielen auch zwei leistungsstarke Wasser-Wasser-Wärmepumpen mit 180 kW eine tragende Rolle. Diese könnten theoretisch bis zu 25 Einfamilienhäuser beheizen. Die Wärmequelle: Abwasser aus der benachbarten Kläranlage, das ganzjährig eine konstante Temperatur von sechs bis 18 Grad Celsius hat.

Frank Wehrmann (rechts) und Matthias Gering gehen die Planungen für das Nahwärmenetz im Industriegebiet Bennien durch. Foto: Simone Reukauf
Frank Wehrmann (rechts) und Matthias Gering gehen die Planungen für das Nahwärmenetz im Industriegebiet Bennien durch. Foto: Simone Reukauf

Das System arbeitet mit einer Vorlauftemperatur von 70 Grad. Das Rücklaufwasser mit etwa 40 Grad wird in den Biomasse-Kessel eingespeist, wodurch weniger Energie für die Wiederaufheizung benötigt wird. Zwei 45.000-Liter-Pufferspeicher sorgen für einen kontinuierlichen Temperaturausgleich.

Klimafreundliche Bilanz und staatliche Förderung

Die Umstellung auf Biomasse und Nahwärme spart jährlich rund 1,2 Millionen kWh Gas und vermeidet fast 360 Tonnen CO2-Emissionen. Die Gesamtinvestition beträgt etwa 1,3 Millionen Euro, ein Drittel davon wurde durch die „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ unterstützt.

„Ohne diese Förderung hätte das Projekt wirtschaftlich kaum Sinn ergeben“, erklärt Wehrmann. „Aber mit dieser Unterstützung können wir einen echten Beitrag zum Klimaschutz leisten.“

Im Technikraum werden die Anlagen – wie insbesondere die Photovoltaik und die Biomasse-Öfen – gesteuert. Foto: Simone Reukauf
Im Technikraum werden die Anlagen – wie insbesondere die Photovoltaik und die Biomasse-Öfen – gesteuert. Foto: Simone Reukauf

Zukunftspläne: Noch mehr Nachhaltigkeit

Neben dem Wärmekonzept setzt Wehrmann Transport auch auf eine klimafreundliche Stromversorgung. Eine leistungsstarke Photovoltaikanlage mit 950 kWp deckt bereits heute den Bedarf der Verwaltung und Firmenfahrzeuge. In Zukunft soll die Lkw-Flotte elektrifiziert werden, wofür passende Ladeinfrastrukturen geschaffen werden.

Fazit: Nachhaltigkeit als Unternehmensstrategie

Wehrmann Transport zeigt, dass umweltbewusstes Wirtschaften nicht nur möglich, sondern auch wirtschaftlich sinnvoll ist. Durch den gezielten Einsatz erneuerbarer Energien schafft das Unternehmen eine Win-win-Situation für Umwelt und Wirtschaft. Ein Vorbild für andere Unternehmen – und ein Beweis, dass Innovation und Nachhaltigkeit Hand in Hand gehen können.

Übersicht: Wesentliche Komponenten der Energieversorgung bei Wehrmann Transport

Nahwärmenetz (Neu)
2 Wärmepumpen (Wasser-Wasser), 180 kW
Rohrleitungen (320 Meter)
1 Pufferspeicher / Ausgleichsbehälter, 45.000 Liter

Biomasse-Heizung (Neu)
2 Biomasse-Heizkessel (Hackschnitzelöfen für naturbelassenes Holz), 650 kW
2 Lagerstationen für Hackschnitzel
1 Pufferspeicher / Ausgleichsbehälter, 45.000 Liter

Anbaufläche für Biomasse (Neu)
Landwirtschaftliche Fläche 4,5 h in Melle-Buer für den Anbau von Chinaschilf (Miscanthus giganteus)

Photovoltaik (seit 2024)
Leitung: 950 kWp
PV-Module verteilt auf 3 Hallendächer
6 Wallboxen für Firmen-Pkw

www.wehrmann-transport.de
www.mp-gruppe.de