Ausbau der Windenergie in Baden-Württemberg schwächelt
Nur drei neue Windenergieanlagen wurden im ersten Quartal 2022 in Baden-Württemberg errichtet. Der Windenergiezubau ist damit deutlich zu gering: Für die Versorgungssicherheit und den Klimaschutz im Südwesten sind bis 2030 im Schnitt 100 neue Windenergieanlagen pro Jahr erforderlich. Darauf weist die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) hin. „Im Land geht es bei der Windenergie nicht voran“, kritisiert Franz Pöter von der Plattform EE BW. „Hier brauchen wir schnell deutlich mehr Genehmigungen.“ Einen kleinen Lichtblick gibt es lediglich bei der Photovoltaik: Bis Ende März wurden in diesem Jahr knapp 10.000 neue Solarstromanlagen errichtet.
Von Januar bis März 2022 gingen im Südwesten drei neue Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von 13,5 Megawatt in Betrieb. Das zeigen vorläufige Zahlen des Marktstammdatenregisters. Bei den drei neuen Anlagen handelt es sich um den Bürgerwindpark Bretzfeld-Obersulm, an dem knapp 100 Bürgerinnen und Bürger sowie sechs örtliche Bürgerenergiegenossenschaften finanziell beteiligt sind.
Flaute beim Windenergieausbau muss ein Ende haben
Der unzureichende Zubau macht Politik und Fachleuten große Sorgen. „Die Hypothek wächst von Monat zu Monat. Jedes nicht gebaute Windrad macht es schwieriger, den für Versorgungssicherheit und Klimaschutz so dringend benötigen Ökostrom zu erzeugen. Es müssen nun rasch mehr Windenergieanlagen genehmigt werden, damit die Flaute beim Windenergieausbau ein Ende hat“, so Franz Pöter. Die Anzahl der zuletzt in Baden-Württemberg erteilten Genehmigungen – im gesamten Jahr 2021 lediglich zehn, seit Jahresbeginn 2022 immerhin neun – wäre dafür aus Sicht der Branche bei weitem nicht ausreichend.
Um das landesweit gültige Ziel der Klimaneutralität 2040 zu erreichen, ist ein dynamischer Zuwachs der Windenergie notwendig. 2021 gingen lediglich 28 neue Windenergieanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 114 Megawatt in Betrieb. Dieser Wert muss sich laut Plattform EE BW schnellstmöglich verdoppeln, und ab Mitte des Jahrzehnts bei über hundert Anlagen pro Jahr liegen.
Die Berechnung geht von einem Leistungszuwachs von aktuell vier auf künftig rund sechs Megawatt pro Anlage aus. Für den Zeitraum von 2030 bis 2040 ist der Leistungszuwachs pro Anlage schlecht zu prognostizieren, daher ist eine verlässliche Aussage der erforderlichen Zahl von zu errichtenden Windrädern pro Jahr nicht möglich.
Zuwachs bei der Photovoltaik
Verhalten optimistisch schätzt Pöter die Entwicklung bei der Photovoltaik ein. Das zweite große Standbein der erneuerbaren Stromerzeugung kommt auf 9.850 neue Anlagen mit einer installierten Gesamtleistung von rund 170 Megawatt. Durch Nachmeldungen können sich die vorläufigen Zahlen noch etwas steigern. 2021 wurden insgesamt rund 620 Megawatt installiert. Doch auch bei der Solarstromerzeugung ist die Bilanz getrübt: Nötig sind künftig durchschnittlich fast 2.000 Megawatt pro Jahr bis 2030.
Bei Wasserkraftwerken, Biogas- und Holzenergieanlagen ist schon seit längerem kein nennenswerter Ausbau zu verzeichnen. Auch bei der tiefen Geothermie lässt der Durchbruch in Baden-Württemberg noch auf sich warten. Dabei sind diese Erneuerbaren mit ihrer planbaren Erzeugung für die Versorgungssicherheit besonders wichtig; gerade in Zeiten eines drohenden Erdgaslieferstopps. Daher sollte deren Leistung ebenfalls ausgebaut werden, fordert die Plattform EE BW.
Studie zeigt Ausbaubedarf bis 2040
Eine Ende 2021 veröffentlichte Studie der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg zeigt, wie viel Erneuerbare für eine komplett klimaneutrale Energieversorgung erforderlich sind: Die installierte Leistung zur Erzeugung von erneuerbarem Strom muss sich bis 2040 auf mindestens 52 Gigawatt verfünffachen. Dafür ist beim Ausbau eine erheblich höhere Geschwindigkeit als in den vergangenen zehn Jahren erforderlich.
Die Photovoltaik und die Windenergie sollen im Jahr 2040 zusammen rund 70 Prozent des bis dahin gestiegenen Bruttostromverbrauchs in Baden-Württemberg decken. Um das zu erreichen, muss die installierte Leistung der auf Dächern, Fassaden und im Freiland installierten Photovoltaik-Module bis 2040 mehr als verfünffacht werden, von heute knapp sieben auf rund 39 Gigawatt. Bei der Windenergie vergrößert sich die nötige installierte Leistung bis 2040 um den Faktor sieben von heute 1,6 Gigawatt auf dann 11,5 Gigawatt.
Die Studie: erneuerbare-bw.de/studie-ee-ausbau-in-bw-bis-2040